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Sprechen Sie Mittelständisch?

03.11.2014

So finden Sie in Veränderungsprojekten gemeinsam die richtige Wellenlänge.

Der Mittelstand tickt anders. Der Mittelstand spricht eine eigene Sprache. Der Mittelstand funkt auf einer eigenen Wellenlänge. Das wird ihm nachgesagt und in vielerlei Hinsicht stimmt es auch – so heterogen mittelständische Unternehmen am Ende des Tages auch sind. Was gilt es in Organisationsveränderungsprojekten zu beachten, damit Mittelständler sich gut aufgehoben fühlen? Wie wird man als externer Partner zum „Mittelstandsversteher“?

Unternehmen mittlerer Größe sind in Deutschland eine wirtschaftliche Hausmacht und wecken Begehrlichkeiten bei den zahlreichen Dienstleistern um sie herum. Der Mittelstand – Mythos, unbekanntes Wesen und vor allem eine deutsche Erfindung? Ja und Nein.

Sicher. Es ist kein Zufall, dass der Begriff „Mittelstand“ es mangels passender Übersetzung etwa in die englische und spanische Sprache geschafft hat. Aber die Unklarheiten bei der quantitativen und qualitativen Definition zeigen auch: Der Mittelstand ist schwer zu fassen. Zwischen KMU und gehobenem Mittelstand können nun mal Welten liegen.

Fragezeichen
Vor allem große und etablierte Beratungshäuser tun sich häufig schwer, diese Gruppe von Unternehmen – oder besser Unternehmern – adäquat anzusprechen, zu überzeugen und nachhaltig durch Projekte zu begleiten. Gerade wenn es ans „Eingemachte“, um die Organisation und um Veränderung geht.

Woran liegt das? Ganz klar nicht an mangelnder Fachkompetenz. Vielmehr sind es oft zwischenmenschliche Nachlässigkeiten oder schlicht falsche Annahmen zum Gegenüber.

Was suggeriert bloß das Wörtchen „mittel“? Mittelstand ist ja kein Mittelmaß. Im Gegenteil: Der Mittelstand ist extrem anspruchsvoll – und das zu Recht.

Typisch Mittelstand
Mittelständische Unternehmen sind nicht immer, aber sehr oft, inhabergeführt. So oder so heißt das: Hier gibt es einen „Mr. X“ oder eine „Mrs. Y“, der oder die stark für dieses Unternehmen steht und seine Produkte „lebt“.

Wenn ich an die zahlreichen Organisationsveränderungsprojekte denke, die ich in den vergangenen zwölf Jahren begleiten durfte, habe ich einige sehr eindrückliche Persönlichkeiten vor Augen:

  • Sie gehen auch als Geschäftsführer noch selbst zu ihren Kunden.
  • Sie sind oft ausgebildete Manager und doch deutlich weniger zahlengetrieben, als das in großen Unternehmen oder Konzernen der Fall ist.
  • Sie stecken operativ tief „drin“ und beschäftigen sich intensiv mit Detailthemen.
  • Sie agieren pragmatisch und bisweilen „hemdsärmelig“.
  • Sie sind regional verwurzelt und engagieren sich für ihr Umfeld.

Der Wert der Werte
Aber was mich am meisten beeindruckt, ist die Haltung, die dahinter steht und ein unsichtbares Band zu sein scheint: Mittelständler suchen und wollen die Nähe zu ihrer Belegschaft, ihren Produkten, ihren Kunden, ihrer Stadt oder Region – weil das Teil ihrer sozialen Verantwortung ist. Sie legen einfach Wert auf Werte.

Besonders deutlich wird dies, wenn das Unternehmen in eine Situation steuert oder gerät, die eine Organisationsveränderung notwendig macht. Wie schaffen es externe Partner, die Verbindung zu ihren mittelständischen Kunden herzustellen und optimal zu gestalten? Wie geht sie – die Sprache des Mittelstands?

„Mittelständisch für Fortgeschrittene“ statt „Dos and Don’ts“

  • Regel Nummer 1: Anglizismen und den Berater-Jargon vermeiden. Klare Kommunikation und Authentizität sind gefragt, nicht taktisches Verschleiern. „Geschwätz“ wird leicht enttarnt.
  • Dazu gehört auch: Den „Change“ zu Hause lassen. Mittelständler wollen vielmehr einen Partner auf Augenhöhe, der sie und ihre Bedürfnisse ernst nimmt und ihnen wirklich durch ihre Veränderungssituation hindurch hilft.
  • Zuhören, genau hinhören und zwischen den Zeilen lesen. Es ist nicht immer leicht, die konkrete Zielstellung aufzudecken – aber unerlässlich für den Projekterfolg.
  • Echtes Verständnis für die Geschäftsprozesse des Unternehmens zeigen – und wirklich haben. Mittelständler erwarten, dass man begreift, wovon sie reden. Klar ist: Ohne Branchenkenntnisse geht das nicht.
  • Warum eigentlich von „Geschäftsprozessen“ sprechen, wenn „Abläufe“ viel handfester klingt?
  • Nicht mit Methodenwissen und -begrifflichkeiten oder Hypothesen werfen. Umsetzungskompetenz ist gefragt.
  • Unternehmerisch denken – schließlich sitzt sehr wahrscheinlich ein waschechter Unternehmer gegenüber.
  • Präzise Planung, schnelle Umsetzung und Kostenbewusstsein in den Mittelpunkt stellen. Das senkt den Puls. Ausufernde Konzepte machen Mittelständler nervös.
  • Deutlich machen: „Wir packen an!“ Das ist das zentrale Signal, das Mittelständler hören wollen. Veränderung bedeutet nun mal Aufwand – ohne Wenn und Aber.
  • Vertrauen schaffen und es sich immer wieder verdienen: Wer Versprechen hält und Termintreue hoch hängt, sendet auf dem richtigen Kanal.
  • Kontinuierlich informieren, informieren, informieren. Mittelständler wollen genau wissen, was in einem Veränderungsprojekt passiert und was es ihnen bringt.
  • Reibungsloses Funktionieren – das ist das Wichtigste für Mittelständler. Mit einer gesunden Prise Pragmatismus gelingt das umso besser.
  • Individuelle Herangehensweise statt Standard, Maßanzug statt Schablone: Kein mittelständisches Unternehmen ist wie das andere. Punkt!

Mein Rat an alle Berater: „Sprache“ kann man lernen, muss das aber wirklich wollen. Wenn Ihr Herz nicht wirklich für den Mittelstand schlägt – lassen Sie lieber die Finger davon.

Und meine Bitte an alle Mittelständler: Bleiben Sie so, wie Sie sind!

Ich freue mich auf Ihre Kommentare. Wie sprechen oder verstehen Sie Mittelständisch?

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